Letzten November erhielt ich im Rahmen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien initiierten Programms NEUSTART KULTUR über die VG Wort ein Stipendium, für das ich mich mit meinem neuen Projekt „Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg“ beworben hatte.
Aber wo anfangen? Während des Zweiten Weltkriegs wurden mehr als 20 Millionen Menschen aus anderen Ländern zur Zwangsarbeit in Deutschland bzw. für Deutschland gezwungen. Russen, Polen, Franzosen, Italiener und viele andere Nationalitäten wurden in den Industrien und auf dem Land eingesetzt, um die fehlenden deutschen Arbeitskräfte zu ersetzen und die Kriegsmaschinerie in Gang zu halten. Dabei wurden gerade ArbeiterInnen aus dem Osten besonders schlecht behandelt. Bis auf wenige Ausnahmen lebten die Menschen unter unzumutbaren Bedingungen in Lagern und Baracken. Es gab Läuse und Wanzen, Gelbfieber und Unterernährung. Viele Menschen starben, andere waren ihr Leben lang traumatisiert. Leider nahm der Großteil der deutschen Bevölkerung das Erscheinen dieser zusätzlichen Arbeitskräfte ohne viel Protest hin. Die Industrie begrüßte die fast kostenlosen Arbeitskräfte, war sich durchaus bewusst, dass sie Sklaverei betrieb. Doch im Kapitalismus geht das Einzelschicksal unter, nur der Profit zählt – damals wie heute.
In meinem neuen Werk befasse ich mich mit der Zwangsarbeit im Bergbau des Ruhrgebiets. Wieder einmal geht es um die Liebesbeziehung zweier Menschen, eines französischen Zwangsarbeiters und einer deutschen Frau. Kontakt und erst recht Beziehungen zwischen Zwangsarbeitern und der deutschen Bevölkerung waren unter Todesstrafe verboten. Gerade deshalb interessiert mich diese Thematik, auch weil sie von so vielen so lapidar akzeptiert wurde. Man fragt sich, ob die Deutschen damals Angst hatten, sich zu äußern, oder schon so abgestumpft waren, weil im täglichen Überlebenskampf keine Energie mehr übrigblieb.
Wohin genau mich die Reise in der neuen Erzählung führt, kann ich noch nicht sagen. Bisher habe ich einiges über Zwangsarbeit gelesen und mich mit der faszinierenden Technik des Bergbaus und dem Beruf des Bergmanns beschäftigt. Was z.B. trugen die Bergleute, wie gingen sie zur Toilette, welche Werkzeuge benutzen sie. Wie verlief eine Schicht, welche Art von Arbeit wurde durchgeführt? Die Terminologie im Bergbau könnte fast ein Lexikon füllen. Was sind Schlagwetter, Deputatkohlen oder Messgeld? Das deutsche Bergbau-Museum in Bochum war dabei eine große Hilfe. Dank der Vermittlung meiner Freundin Marion erhalte ich von der RAG Einblick in die Akten ehemaliger Zwangsarbeiter.
Ich freue mich auf spannende Informationen und ein aufregendes Projekt.